Serum im Eurorack - gearnews.de (2024)

02. Aug 2023 von Lukas Hermann | Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Das VST-Plug-in Serum ist der vielleicht berühmteste Software-Synthesizer, den es gibt. Er basiert auf Wavetables, also digitalen Sammlungen von Schwingungsformen, zwischen denen dynamisch moduliert werden kann. Zudem bietet er ein mächtiges Multimode-Filter, mehrere Modulationsquellen und eine ausgefuchste Effektsektion. Eine Fülle an Funktionen, die kaum ein anderer Desktop-Synthesizer hat. Aber ist es vielleicht dennoch möglich, sich einen Wavetable-Synth à la Serum im Eurorack nachzubauen? Dieser Frage wollen wir heute nachgehen.

So ist Serum aufgebaut

Um das System zielführend zu planen, ist erstmal zu bestimmen, welche Elemente auf jeden Fall benötigt werden, um Serum nachzubauen. Da sind erstens die zwei frei mit eigenen Wavetables bestückbaren Wavetable-Oszillatoren des Plug-ins – inklusive Suboszillatoren – zu nennen. An ihnen führt kein Weg vorbei. Zum anderen ist das Multimode-Filter von Serum extrem vielseitig: Zwei unterschiedliche Filtermodi können parallel oder seriell genutzt werden. Drittens braucht es kreative Modulation in Form von dynamischen LFOs und flexiblen ADSR-Hüllkurven.

Serum im Eurorack: Der passende Oszillator

Fangen wir bei den Oszillatoren an. Hier kommt man nicht um einen Oszillator mit Support für User-Wavetables herum. Nur so können alle erdenklichen Wavetables ins Eurorack gelangen – wie es auch mit Serum möglich ist. Eine ideale Option ist hier der Ziqal Dimension Mk3. Der digitale Oszillator unterstützt bis zu 25 hochauflösende Wavetables, die ihr via SD-Karte importieren könnt. Ähnlich hochwertigen Sound bietet auch der Modbap Osiris. Seine Macher haben einen Wavetable-Editor für den Computer entwickelt, der den Import von Sounddaten enorm vereinfacht. Zudem bietet er einige grundlegende Soundeffekte sowie einen integrierten VCA – viele Serum-artige Funktionen in einem kompakten Modul also.

Weil die beiden genannten Oszillatoren enorm flexibel sind, braucht es nicht unbedingt einen zweiten, wie Serum ihn hat. Falls ihr es aber ernst meint, könnte ein analoger Oszillator mit Waveshaping ein guter Partner sein. Er würde dem Eurorack-Nachbau des Plugins einen eigenen charakteristischen Sound hinzufügen und analoges Morphing von Schwingungen bieten. Zudem gibt es in diesem Segment auch einige günstigere Optionen. Wir empfehlen vor allem den NANO Modules ONA (Affiliate-Link), der gleich zwei Waveshaping-Outputs bietet – und auch zwei Suboszillatoren bereitstellt.

Serum im Eurorack: Diese Filteroptionen habt ihr

Weiter geht es mit dem Filter. Hier gibt es eigentlich zwei grundlegende Optionen: Entweder ihr setzt auf ein ultraflexibles digitales Multimode-Filter oder holt auch hier analogen Sound ins Eurorack. Soll es erste Variante sein, führt wohl kaum etwas am Rossum Electro-Music Morpheus vorbei. Das Stereo-Filtermodul mit Display verfügt über sage und schreibe 280 verschiedene Filter-Optionen, zwischen denen mit einem internen Sequencer gewechselt werden kann. Auch schön: Man kann Presets speichern, um wie in Serum auch im Eurorack Sounds reproduzieren zu können.

Soll es etwas Analoges sein, gibt es einige weitere Module, die infrage kämen – allerdings nicht so viel können wie etwa der Morpheus. Einer unserer Favoriten ist das Doepfer A 106-5 SEM-Filter (Affiliate-Link). Von dem kann man sich auch durchaus zwei Exemplare anschaffen, die dann mit unterschiedlichen Oszillatoren bestückt und in unterschiedlichen Modi (Tief-, Hoch-, Bandpass- oder Bangsperre) laufen. Soll es ein dediziertes Stereo-Filter sein – wie ihn Serum ja auch hat – empfehlen wir das Make Noise QPAS (Affiliate-Link) oder das Bastl Ikarie (Affiliate-Link). Sie können mit ihren charakteristischen Resonanzsounds unter anderem wie ein Phaser oder ein Kammfilter gepatcht werden. Diese spezifischen Filteroptionen passen hervorragend zu markanten Wavetables und ermöglichen kreatives Sounddesign.

Modulation wie bei Serum

Der dritte wichtige Aspekt, um sich Serum im Eurorack authentisch nachzubauen, sind flexible Modulationsmodule. Hier stechen im VST die formbaren LFOs heraus. Um sie im modularen Synthesizer nachzubilden, empfiehlt sich die Nutzung von Funktionsgeneratoren und VCAs. Letztere können in Kombination mit klassischen ADSR-Modulen für die Artikulation einzelner Töne genutzt werden, erlauben aber auch das Mixen von Steuerspannungen. Erzeugt ein Funktionsgenerator wie das Triple Steeple (Affiliate-Link) von Shakmat Modular beispielsweise drei LFO-Spannungen, könnt ihr sie mit dem Intellijel Quad VCA (Affiliate-Link) mischen und als komplexe Modulation in Richtung Wavetable-Oszillator oder Filtermodul schicken.

Multieffekte für den letzten Punch

Abschließend braucht es natürlich noch ein paar Effekte. Charakteristisch für Serum sind die hochwertigen Delay- und Reverb-Sounds und der sogenannte Hyper/Dimension-Effekt. Letzterer dickt das Stereofeld der sowieso schon breiten, vollen Sounds nochmal an. Im Eurorack gibt es für solche Zwecke Enhancer-Module wie das Xaoc Devices Minsk (Affiliate-Link). Es kann euren Sound voller klingen lassen und erlaubt zudem die gezielte Manipulation des Frequenzinhalts.

Während es für solche Effekte aufgrund der notwendigen Feinheit der Einstellungen eigene Module braucht, reichen für Delays und Reverbs durchaus auch Multieffekt-Module. Hier sticht aus dem aktuellen Angebot am Markt vor allem der endorphin.es Ghost heraus. Das Modul bietet eine flexible Effektkette aus Distortion, Filter, Delay, Reverb und Kompressor – also fast allem, was auch in Serums Effektbereich enthalten ist. Das Ganze hat aber natürlich auch seinen Preis. Wer es etwas günstiger haben will, kann sich ein Happy Nerding FX Aid zulegen – das kann dann aber nur einen Effekt auf einmal aktivieren.

Serum im Eurorack: Zusammenfassung

Mit den genannten Modulen kommt ihr schon echt nah ran an den Sound von Serum: Komplexe Wavetables, vielseitige Filteroptionen, kreative Modulation und tolle Effekte kann also auch das Eurorack. Allerdings – und das ist ein großes „aber“ – nur monophon. Soll es polyphon sein, wird es unübersichtlich, denn jede einzelne Stimme braucht einen Oszillator. Zudem muss dann auch ein polyphoner Sequencer her. Abhilfe für alle, die genau das wollen, schaffen zwei sehr spezielle Lösungen: Da ist einmal die neue ART-Modulserie von Tiptop Audio. Sie verspricht mit einem neuen Steuerungsstandard einfache Kontrolle über bis zu 8 Oszillatormodule. Im Programm der neuen Serie ist mit dem VORTEX auch ein Wavetablemodul am Start.

Eine andere Alternative ist The Centre, ein direkt von Serum inspiriertes Eurorack-Bauteil. Mit einem großen Display und vielen Multifunktionsencodern ist es so etwas wie ein Mini-VST in Form eines Moduls. Es bietet vielseitige Möglichkeiten zum Sounddesign – ist aber natürlich auch irgendwo auch kontraproduktiv. Denn wenn man sich schon einen von Serum inspirierten Eurorack-Synthesizer baut, dann sollte man das auch mit unterschiedlichen Modulen tun. Ansonsten könnte man auch gleich beim Plugin bleiben – günstiger wäre das in jedem Fall.

Die besprochenen Module im Video